Langzeitbelichtung

Die Langzeitbelichtung ist ein sehr komplexes Thema, dafür kann man sich aber auch dort austoben und Interessantes und Neues ausprobieren. Sie wird häufig eingesetzt um z.B. auch bei geringem Licht noch fotografieren zu können, um Bewegungsabläufe aufzuzeigen, Sterne und Planeten abzulichten, aber auch bei Nachtaufnahmen. Langzeitbelichtungen zeigen einen Zeitausschnitt, die Belichtungszeit beginnt bei mehreren Sekunden und geht oft in Minuten über.

Die Bildwirkung

Durch die Langzeitbelichtung entsteht bei bewegten Motiven eine große Bewegungsunschärfe und helle Objekte wie Autoscheinwerfer hinterlassen Lichtstreifen. Eine Langzeitbelichtung auf einem Gebäudevorplatz lässt es zu dass Personen durch das Bild laufen können ohne dass sie später auf dem Bild zu sehen sind. So kann man z.B. einen Platz Menschenleer erscheinen lassen. 

Auf dem Rummelplatz ergeben sich ungeahnte Motive zur Langzeitbelichtung, doch man sollte es dabei nicht übertreiben und stets versuchen auch etwas Unbewegtes mit auf das Bild zu bekommen. Sonst findet der Betrachter später keinen ruhigen Punkt. Ein weiteres gern gesehenes Motiv ist die Abbildung von fließendem Wasser, es erscheint dadurch samtig und milchig weich fließend.


Voraussetzungen und Hilfsmittel für eine Langzeitbelichtung

Kamera mit manuellen Einstellmöglichkeiten
Stativ
Kabel- oder Funk Fernauslöser
Filter
Akkureserve
Taschenlampe um im Notfall die Knöpfe an der Kamera zu finden
Warme Kleidung gegen kühle Abende oder Nächte

 

Standort und Kameraeinstellung

Zuerst sollte man sich einen geeigneten und bequemen Standort suchen, denn man wird längere Zeit dort verbringen und nichts ärgert mehr als nach minutenlangen Belichten den falschen Standort gewählt zu haben. An der Kamera wählt man den manuellen Modus M, dann hat man alle Einstellmöglichkeiten selbst in der Hand und wird nicht durch eine Automatik verwirrt oder beeinflusst.

Selbst der Fokus sollte auf Manuell gestellt werden, auch wenn der AF noch funktioniert und eine Scharfstellung anzeigt. Denn der manuelle Fokus ist viel schärfer und kann auf den Punkt eingestellt werden der später im Bild den Blickfang geben soll. Bei manchen Kameras kann man über eine Vergrößerungstaste auf dem Monitor das Bild in 10facher Vergrößerung sehen, dadurch lässt sich der Fokus wunderbar einstellen.

 

  Stativ und Stabilisator

Ein gutes und stabiles Stativ ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für Langzeitbelichtungen, denn schon kleinste Erschütterungen erzeugen Doppelbelichtungen und das Bild wird unscharf. Diese Erschütterung wird schon durch den Druck auf die Auslösetaste oder das Hochklappen des Spiegels ausgelöst. Deshalb sollte man sich einen Kabel- oder Funk Fernauslöser zulegen oder alternativ mindestens die Selbstauslöserfunktion einschalten. Dann hat die Kamera nach dem Druck auf den Auslöseknopf 2 oder 10 Sekunden Zeit die Schwingungen auszugleichen. Kameras bei denen sich die Spiegelvorauslösung aktivieren lässt sollten in diesen Modus betrieben werden, dann klappt der Spiegel schon vor der Auslösung hoch und erzeugt keine Vibration.

Entgegen mancher Meinung ist ein Stabilisator bei Aufnahmen mit einem Stativ grundsätzlich auszuschalten, denn die eingebaute Elektronik/Mechanik versucht stets durch Bewegungen verursachte Vibrationen durch Gegenbewegungen auszugleichen. Da bei Stativaufnahmen keine Bewegungen vorhanden sind kann es durch die Gegenbewegungen des Stabilisators zu einer Bildunschärfe kommen.

Für Langzeitbelichtungen sollte man generell mit dem kleinsten ISO Wert arbeiten denn bei höheren Werten kommt es durch die lange Belichtungszeit schnell zu starkem Rauschen. Wenn die Belichtungszeit nur wenige Sekunden sein soll, kann man die ISO jedoch auch einmal raufsetzen. Bei modernen Digitalkameras wird im Anschluss an die Langzeitbelichtung oft ein Bild bei geschlossenem Verschluss als „Rauschmuster“ aufgenommen. Die Belichtung dauert genauso lange wie das eigentliche Bild, d.h. bei einer Belichtungszeit von z.B. 20 Sekunden kann man frühestens erst nach insgesamt 40 Sekunden wieder auslösen. Dieses Muster wird benutzt, um das Rauschen des aufgenommenen Bildes zu reduzieren, die Kamera verrechnet diese beiden Bilder direkt intern.

 

  Die Blende

Sie beeinflusst die Bildschärfe, die Tiefenscharfe und die Helligkeit eines Bildes und ist somit ein wichtiges Gestaltungsmittel. Oft ist eine Langzeitbelichtung erst durch starkes Abblenden des Objektivs möglich, aber damit sollte man vorsichtig sein. Ein Objektiv erreicht seine beste Qualität wenn man es auf etwa 2 Stufen der Anfangsblende abblendet, so wird z.B. aus F/2.8 Blende F/5.6, aus F/4 wird F/8 und aus F/5.6 wird Blende F/11. Generell sind bei Blende F/8 - F/16 die besten Aufnahmen zu erwarten, denn wenn man noch stärker abblendet kommt es durch Lichtbrechung an den Blendenlamellen wieder zu unschärferen Bildern. 

Doch nicht immer erreicht man mit diesem Blendenbereich die gewünschte längere Belichtungszeit von mehreren Sekunden. In diesem Fall ist die Verwendung eines Neutraldichtefilters ND sehr von Nutzen. Damit wird das ganze Bild um einen bestimmten Wert abgedunkelt und das ohne Farben zu verfälschen. Es gibt ND Filter mit festen Werten von z.B. 0.3, 0.6 und 0.9, dadurch verlängert sich die Belichtungszeit um die Faktoren 2x, 4x bzw. 8x. Und das bedeutet umgekehrt eine Blendenreduktion um 1, 2 bzw. 3 vollen Blendenstufen. Diese Filter lassen sich auch kombinieren, 0.3 und 0.9 ergeben dann 1.2 bei einer verlängerten Belichtungszeit um den Faktor 16x.

Sehr zu empfehlen ist ein so genanntes Vario Neutraldichtefilter, durch drehen kann man die Lichtdurchlässigkeit stufenlos bis zur gewünschten Zeit dosieren. Nun kann man auch Langzeitbelichtungen am hellen Tag machen, daraus erschließt sich wieder eine ganz neue Motivwelt. Es gibt die Filter von verschiedenen Herstellern und unterschiedlicher Qualität, aus Kunststoff oder Glas. Man sollte aber stets auf einen Glasfilter mit guter optischer Güte zurückgreifen, die sind zwar etwas teurer in der Anschaffung, belohnen einen aber durch wesentlich bessere Bilder. Und einmal ehrlich, will man sich wirklich bei einer Kameraausrüstung von oft weit über 1000€ die schlechtere Qualität eines Bildes durch ein paar eingesparte Euros bei einem Filter „ersparen“?

 

Die Zeit

 

stellt man dann zur gewählten Blende ein, in der Regel sollte der Helligkeitsmesser dabei genau mittig stehen. Die Belichtungseinheit in einer Kamera strebt immer eine bestimmte Motivhelligkeit an, sie liegt bei etwa 18% Grau und das ist die mittlere Position der Helligkeitsbalken. Ist das Bild nun Heller oder Dunkler macht man zusätzlich eine Belichtungskorrektur nach + oder -.

Belichtungszeiten über 30 Sekunden sind nur mit der Kameraeinstellung B-Modus (Bulb) machbar. Dabei bleibt der Verschluss so lange offen wie der Auslöseknopf gedrückt wird. Doch dabei sind durch Wackeln und Erschütterungen unscharfe Bilder vorprogrammiert, das sollte man erst gar nicht versuchen. Abhilfe schafft nur der schon erwähnte Fernauslöser, allerdings muss er auch eine Bulb Funktion haben.

 

 

Der Weißabgleich

 

 Nach der ersten Belichtung betrachtet man das Bild einmal auf dem Monitor, sind die Farben ok so war der Auto Weißabgleich die richtige Wahl. Wenn man mit den Farben nicht zufrieden ist dann stellt man den Weißabgleich am besten auf die Farbe der Hauptlichtquelle ein. Das ist meistens Kunstlicht in Form von Neonlicht oder Glühlampe, also eher rötlich orange. Eine nachträgliche Korrektur der Farbe mit einem Bildbearbeitungsprogramm ist im schlimmsten Fall auch fast immer noch möglich, hier ist es von großem Vorteil wenn das Bild nicht nur als JPG sondern auch als RAW Datei vorliegt. Im RAW Format ist der aufgenommene Dynamikumfang größer als beim JPG Bild und bietet somit eine viel bessere Korrekturmöglichkeit.

Eine Ausnahme sind Aufnahmen während der Blauen Stunde, also die Zeit morgens kurz vor Sonnenaufgang und abends kurz nach Sonnenuntergang. Dort ist die blaue Farbe gewünscht und sollte nicht durch einen manuellen Weißabgleich korrigiert werden.

 

 

Das Ergebnis

Die aufgenommenen Bilder schaut man sich an Ort und Stelle direkt auf dem Display an, wenn möglich auch in einer Vergrößerung. Dort fallen erste Fehler meist schon direkt auf. Falsche Belichtung und Unschärfe sind die häufigsten Ursachen für schlechte Bilder, deshalb macht man lieber mit anderen Belichtungszeiten sofort ein paar Bilder mehr. Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit zu Hause am heimischen PC ein gutes Bild zu sehen viel größer. Und gegen die Unschärfe helfen ein gutes Stativ, der Fernauslöser und eine ständige korrekte Fokuscharfstellung.


Niemand sollte sich entmutigen lassen wenn die ersten Bilder nicht zufriedenstellend sind, denn bei Langzeitbelichtungen gibt es viel mehr mögliche Fehlerquellen als bei Blende F/11 und 1/500 Sekunde Klick oder Klack zu machen. Und bevor man sich wichtige und unwiederbringliche Langzeitbelichtungen zum Ziel setzt sollte man seine Kamera zumindest im Dunkeln bedienen können (deshalb für Notfälle auch eine Taschenlampe) und vorher viel üben. Denn das Üben kostet heute Gott sein Dank nur noch ein wenig Zeit, durch große Speicherkarten und der Löschfunktion bleiben die früheren Materialkosten in überschaubarem Rahmen. Und den Lernfortschritt sieht man zudem sofort

 

Für die zusätzliche Arbeit mit einem Neutaldichtefilter ND

-die Kamera ohne Filter scharf stellen
-den ND Graufilter anschrauben
-bei Vario Graufilter den Filter auf die gewünschte Dichte drehen
-dann die Zeit einstellen auf den mittleren Zeitbalken
-mit Selbstauslöser oder Kabel- Fernauslöser die Aufnahme starten